Liebe(r) Freund(in),
ich mache etwas mit Computern.
Jetzt bittest Du mich vielleicht, abends herumzukommen und deinen Computer zu reparieren. Aber hast Du auch mal daran gedacht, dass ich vielleicht Feierabend habe? Es hat sicherlich seinen Grund, warum ich zwei verschiedene Mobiltelefone und zwei E-Mail-Postfächer habe. Ich trenne das Berufliche vom Privaten.
Ich bin sehr gewissenhaft. Kannst Du dir vorstellen, dass ich der damit verbundenen Verantwortung im Grunde genommen gar nicht spontan und unvorbereitet gerecht werden kann?
Wer sagt mir beispielsweise, dass deine Datensicherung nicht nur vorhanden ist, sondern auch problemlos zurückgespielt werden kann? Hast Du das mal ausprobiert, oder möchtest Du, dass wir das zusammen ausprobieren? Damit könnten wir dann die ersten vier Stunden verbringen. Wir haben nur eine Hardware zur Verfügung und virtualisieren nichts. Falls das Wiedereinspielen nicht klappen sollte, war das somit der einzige Versuch.
Achso – Du hast keine Datensicherung. Und wenn doch etwas passiert wäre? Wärst Du dann mit mir über die digitale Planke gesprungen? Oder hättest Du die die volle Verantwortung übernommen?
Es gibt Viren, die aktivieren sich erst 1-2 Wochen nach der Infektion. Wie soll ich im ungünstigsten Fall beweisen, dass der Virus auf deinem PC bereits vorher vorhanden war und nicht von meinem USB-Stick stammt? An so etwas sind bereits wertvolle Freundschaften zerbrochen!
Wie soll ich die ganze Komplexität an Einstellungen, die Du in deinen lieb gewonnenen Anwendungsprogrammen vorgenommen hast, in kürzester Zeit erfassen?
Was genau hat die Tuning-Software von der letzten Zeitschriften-CD mit deinem System angestellt? Und was waren das für Powershell-Befehle und Registry-Einstellungen, die Du vor 13 Monaten von irgendeiner Homepage abgetippt hast um die Menüleiste der Textverarbeitung grün einzufärben?
Wo wir gerade bei Anwendungsprogrammen sind: Kannst Du dir vorstellen, dass ich Word, Excel, Powerpoint usw. usf. so gut wie gar nicht kenne? Meine Arbeit endet dort, wo Du auf das Programmsymbol klickst und das Programm fehlerfrei startet.
Ich bin Angestellt(er). Was soll ich meinem Arbeitgeber erzählen wenn er mitbekommt, dass ich ich das, womit unser Unternehmen Geld verdient, „auf einmal auch nebenbei kostenlos mache“?
Und – falls mir tatsächlich einmal ein Unglück passiert – wer kommt für den Schaden auf? Meine Privathaftpflicht zahlt sicher nicht bei Schwarzarbeit.
Ich bin ein sehr hilfsbereiter Mensch und wenn Du Schwierigkeiten hast und mich um Hilfe bittest, bemühe ich mich gerne, zu einer Lösung beizutragen. Das Thema muss nicht einmal etwas mit Computern zu tun haben.
Aber bitte – meine Freizeit ist mir genau so wichtig wie Dir deine Freizeit ist. Du beschäftigst dich mit deinem PC, weil dich das interessiert. Für mich ist es schlichtweg ein Beruf. Mein Bedarf an Feierabend(en) ist genau so ausgeprägt wie Deiner.
Achja: Auf meinem Schreibtisch steht keine Tasse, auf der die chemischen Formel von Kaffee abgebildet ist. Und ich möchte so etwas bitte auch nicht zum Geburtstag geschenkt bekommen.
ganz liebe Grüße,
altmetaller
P.S.: Was machst Du so beruflich? Bist Du zufällig Dachdecker? Falls Du Lust hast, können wir mal auf einen Samstag ein paar Frankfurter Pfannen bei uns auflegen. Und wenn Du KFZ-Lackierer bist: Die Motorhaube von meinem Mazda 2 sieht arg verwittert aus. Da gehst Du doch bestimmt mal kostenlos drüber. Weil: Bezahlt werden „Freundschaftsdienst“ ja grundsätzlich nicht, oder?
Eine Antwort auf „Ich mache „etwas mit Computern““
Gut gesagt. Ich habe am Anfang auch Freundschaftsdienste gemacht, aber das wurde ganz schnell ausgenutzt und es entstand eine Erwartungshaltung. Das ist schon schlimm genug, häßlich wird es, wenn mal irgendwas nicht klappt oder was kaputt geht (und das kann passieren, ohne daß einer Schuld ist). In der direkten Familie (z.B. Eltern) helfe ich gerne, alles was darüber hinaus geht, habe ich mir vom Hals geschafft. Inzwischen sage ich meistens „ich kenne mich nur mit Servern aus, Endkundengeräte fasse ich nicht an“.